China als Vorreiter in der Gleichberechtigung

China als Vorreiter in der Gleichberechtigung

 

Isabell Weber

Isabell Weber startete 2016 ihr DAAD-Stipendium Sprache und Praxis in China (Jahrgang 21). Derzeit verbringt sie ihre Praxisphase bei einem Maschinenbau-Start-up in Kunshan, einer Stadt in der Nähe von Shanghai.

Bevor es ins Reich der Mitte ging, studierte Isabell Soziologie (Bachelor) in Konstanz und absolvierte ihren Master in General Management. Nach dem Bachelor-Studium ging sie das erste Mal für die Marketing-Agentur Voith für ein sechsmonatiges Praktikum nach China.

Was hat Dir das Stipendium gegeben, Isabell?

Die Stipendienzeit ist ein Geschenk, das mir geholfen hat persönlich zu wachsen, von internationalen Freunden inspiriert zu werden und China so nah zu erleben, wie es auf anderem Wege kaum möglich ist.

Die Stipendienzeit ist ein Geschenk, … China so nah zu erleben, wie es auf anderem Wege kaum möglich ist.

Momentan bin ich in meiner S&P-Praxisphase. Diese absolviere ich im Start-up eines deutschen Maschinenbauers. Mit meiner Tätigkeit bilde ich eine Brücke zwischen China und Deutschland. Genau das ist auch mein Ziel für meine weitere berufliche Entwicklung. Diese kann ich mir in Deutschland mit Fokus auf China aber auch in China selbst vorstellen.

Besonders für junge Frauen ist die berufliche Erfahrung in China eine sehr spannende, da hier Frauen in allen Managementleveln und Ingenieursbereichen selbstverständlich angetroffen werden. Das ist für mich persönlich eine sehr spannende Erfahrung: China als Vorreiter in der Gleichberechtigung.

 

Was hat dich an China gereizt?

Nachdem ich mein Bachelor Studium abgeschlossen hatte, kam ich das erste Mal nach China. Ich absolvierte hier ein Praktikum in einer chinesischen Marketing-Agentur. Schon seit der Mittelstufe reizte mich das Land: ich wollte Menschen, Kultur, Essen, etc. live erleben. Das alles konnte ich bis dahin nur in unzähligen Dokumentationen im Fernsehen passiv ansehen.

 

Und, wie ist es dann, aus dem Flieger zu steigen und dort anzukommen?

Ich war fasziniert von der ersten Minute an. Glauben kann ich es selbst kaum, denn spontan erinnere ich mich gut: Smog-Alarm am Ankunftstag; eine klitzekleine Wohnung zusammen mit fünf anderen Chinesen; und es gab fast täglich Situationen, in denen ich mich ärgerte, die Menschen um mich herum nicht zu verstehen. Das Gewusel in den Straßen jedoch, die einzigartigen Geschmacksarten beim Essen sowie die lange Geschichte der chinesischen Kultur brachten mir China jeden Tag um ein weiteres Puzzlestück näher zu einem Gesamtbild. Am meisten faszinierte mich allerdings das regelrechte “Spüren” von Aufschwung einer gesamten Nation, die positiv in die Zukunft blickt und auf welche besondere Art und Weise es möglich ist, traditionelle Werte und zukünftige Technik im Alltag zu vereinbaren.
Unglaublich, wie Chinesen mit ihrer traditionellen kleinen Thermos- Teekanne unterwegs sind und am Straßenstand das Obst per Wechat bezahlen.

 

Warum hast du dich für das relative lange S&P Programm entschieden und nicht etwas Kurzes gewählt?

Während meines ersten Aufenthaltes musste ich feststellen, dass ich ohne ernsthaften Unterricht niemals fließend Chinesisch sprechen würde. Deshalb beschloss ich, wieder nach China zurück zu kommen, um Töne und Zeichen zu pauken. Damals lernte ich ehemalige S&P Teilnehmer kennen, die mir von ihrem Programm erzählten; so wurde ich auf das S&P aufmerksam.
Ebenso war mir nach dem damaligen Praktikum klar, dass sechs Monate nicht genug Zeit für mich in China waren, da es noch so viel anderes zu entdecken und zu erleben gibt.
Ich wollte mehr Zeit in aufregenden Großstädten und abgelegenen Dörfchen in der Tibet Region verbringen und auch Teil einer zukunftsformenden Generation sein. So hatte ich das in Deutschland noch nicht erlebt.

 

Wem würdest du S&P China empfehlen?

Ich empfehle S&P jedem, der noch kein wirkliches Bild von China hat und es sich durch eigenes Erleben selbst erstellen möchte. Ebenfalls jenen, die noch nie in China waren, aber bereits ein festes Bild haben. Denn beide, werden hier die ein oder andere Überraschung erleben. Täglich.

Ich empfehle jedem dieses Programm, der nicht nur von Deutschland aus, zusehen möchte, wie China wächst und es für schwer einschätzbar hält. Mitmachen, selbst Teil sein und es am eigenen Körper erleben, das ist meiner Meinung nach das Motto für China.
Ich empfehle das Programm auch, um die Angst vor der Sprache zu nehmen. Für mich ist sie so schwer, wie sie aussieht, aber ebenso faszinierend. Dann wird auch klar, warum Chinesen in Deutschland Jogurt trinken und nicht essen.

Da wir im S&P Programm nicht nur die Sprache erlernen oder Städte und Provinzen kennen lernen können, sondern auch fast jede Woche Unternehmen in verschiedenen Branchen besuchten, konnten wir Unterschiede und Gemeinsamkeiten von chinesischen und deutschen Unternehmen kennen lernen. Da diese Besuche meist bei Alumni statt fanden, bekamen wir neben sehr praxisnahe Beispielen auch sehr offene Antworten auf neugierige Fragen. Hierbei ist auch die bunte Zusammensetzung der Jahrgangsgruppe von Vorteil.
Jeder Jahrgang kann neben einer Woche Shanghai, ebenfalls eine 2nd Tier City und deren Unternehmen besuchen. Dies nimmt einem auch die Angst darüber nachzudenken, die Praxisphase in einer abgelegeneren Stadt zu absolvieren.

 

Was gibt man auf, wenn man nach China geht? 

Persönlich habe ich so viel mehr dazu gewonnen als aufgegeben. Persönliche Treffen mit Familie, Partner und Freunden wurden zu langen Videocalls. Und na klar, für einen frischen Salat fährt man etwas länger in die Stadt und die frische Luft ist im Winter weniger. Allerdings wird das eigene Fahrrad durch Scan-Rent-Bikes ersetzt, der Salat durch gute Suppen in der Mensa und das kulturelle Angebot scheint einen zu überfordern. Tatort wird nicht mehr sonntags allein im Wohnzimmer, sondern mit anderen zusammen in der Deutschen Schule oder der Botschaft zum Event.
Für jede Erfahrung, die ich nur in den ersten zwei Wochen in China gemacht habe, war es wert, Deutschland für eine Zeit zu verlassen. Und wer hier zögerlich ist, sollte sich klarmachen, dass es (wahrscheinlich) nicht für immer sein wird.

 

Zum Jahresende geht es erstmal zurück nach Deutschland. Gibt es da etwas, worauf Du Dich schon freust?

(Schmunzeln) Oh ja, ich freue mich schon darauf, an Weihnachten mit all meinen Lieben wieder an einem Tisch zu sitzen und persönlich über Alltägliches zu sprechen und das Gespräch einmal nicht mit “wie viel Uhr ist nochmal bei euch?” zu beginnen.

In China sind wir ja immer etwas Besonderes – Normalität ist da auch mal wieder schön …

Der Konstanzer Südkurier berichtet am 16.08.2017 in einem Interview mit S&P-21 Stipendiatin Isabell Weber. Isabell beantwortet Fragen zum Programm, zu ihrer Motivation, nach China zu gehen und ihrem Leben in China.

Den vollständigen Artikel finden Sie auf den Seiten des Südkuriers.

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