China ist die einzige große Volkswirtschaft, die in diesem Jahr noch wächst. Der Alltag in den meisten chinesischen Städten ähnelt wieder dem Leben vor der Krise. Forscherinnen und Forscher beispielsweise im Technologiezentrum Shenzhen arbeiten weiter an Zukunftsthemen wie Künstlicher Intelligenz oder autonomem Fahren. „Während der Westen mit der zweiten großen Corona-Welle kämpft, sind die Chinesen stolz darauf, das Virus besiegt zu haben, und halten die Maßnahmen der Regierung für weitgehend sinnvoll.“, sagt Frank Sieren, China-Experte und Bestseller-Autor. „Der Kampf gegen Corona hat also das Selbstbewusstsein der Chinesen gestärkt und Peking nutzt das, um den Nationalstolz zu festigen.“
Frank Sieren ist Autor mehrerer Bücher und Dokumentarfilme über die Entwicklung Chinas.
Im Gespräch mit DAAD-Alumni bei einer Hybridveranstaltung des German Centre Beijing Mitte Dezember erörterte Frank Sieren, was China und andere Regionen Asiens während der Coronakrise anders gemacht haben als viele westliche Länder. Ein Erklärungsansatz, so Sieren, sei ein unterschiedliches Verhältnis zwischen Individuum und Gemeinschaft. „Die Chinesen sind eher bereit sich im Sinne der Gemeinschaft zeitweilig zurückzunehmen, als die Menschen im Westen.“ Das neue Selbstbewusstsein und der wirtschaftliche Erfolg würden die Machtverschiebung in Richtung China noch beschleunigen, so der Experte – wirtschaftlich und politisch.
Was dies für Deutschland und Europa bedeute und wie wir uns auf die neue Weltlage einstellen sollten, fragten im Anschluss die Moderatorin Ruth Schimanowski, Leiterin der DAAD-Außenstelle Peking – ebenfalls ehemalige DAAD-Alumna. „Am Ende kommen wir um eine Zusammenarbeit nicht herum“, ist Sieren überzeugt, „deshalb ist es wichtiger denn je, dass wir uns in Europa überlegen, was wir wollen, und geschickte Strategien entwickeln, um unsere Vorstellungen und Werte in der neuen mulitpolaren Weltordnung durchzusetzen.“
Das Gespräch mit Frank Sieren wurde von Ruth Schimanowski eröffnet und moderiert. Auch aktuelle Stipendiatinnen und Stipendiaten des Stipendienprogramms „Sprache und Praxis in der VR China“ nahmen digital an der Diskussion teil. „Wir waren überrascht, wie gut die Zuschaltung per Live-Video funktioniert hat – so hörten wir nicht nur passiv zu, sondern konnten uns auch aktiv am Gespräch beteiligen“, berichtet Mona Fromm, derzeitige Stipendiatin. „Wir konnten Sierens spannendem Vortrag lauschen, also wir ob wir vor Ort gewesen wären.“
„In diesem außergewöhnlichen Jahr mussten wir schnell reagieren und uns neue Formate überlegen, um diesen Austausch noch weiterhin zu ermöglichen“, erzählt Melanie Späthe an der DAAD-Außenstelle verantwortlich für die Leitung des „Sprache und Praxis“ Programms und für Alumniarbeit. „Eine Hybridveranstaltung zu organisieren, bietet ganz andere Möglichkeiten, unsere Zielgruppen zu erreichen.“
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