Erfolgsrezept: Chinesisch

Dominik Keller hat BWL und International Business studiert, bevor er mit S&P 2013 nach Peking kam. Nach Abschluss des Programms war er unter anderem für die KfW und ein Stuttgarter Softwareunternehmen in Hongkong, der RIB Software SE, tätig. Seit letztem Jahr ist er Chief Business Developer Officer bei Five, einem Low-Code Start-Up mit Sitz in Australien, Hong Kong und Singapur. Er lebt seit August 2016 in Hong Kong, ein Umzug nach Singapur steht aber bald an.

Gib uns bitte mal einen kurzen Rundumblick, was machst du gerade?

Ich arbeite seit letztem Jahr bei Five, einem Software Start-Up. Unsere Software hilft Entwicklern Software zu entwickeln. Statt Code zu schreiben, können Entwickler mit Five Applikationen durch Drag & Drop erstellen. Das beschleunigt die Entwicklung von neuen Applikationen um ein Vielfaches.

Auf dem Papier bin ich Five’s CBDO. Aber in wahrer Start-Up Manier trage ich mehrere Hüte zugleich und kümmere mich um sämtliche Aspekte des Sales und Marketing, stelle unser Unternehmen bei Start-Up Wettbewerben oder potenziellen Kunden vor, baue das Team auf, und führe Systeme und Prozesse ein.

Privat steht bald ein Umzug nach Singapur an. Nach fast fünf Jahren in Hong Kong freue ich mich darauf, eine neue Stadt kennenzulernen, auch wenn ich das Leben in Hong Kong, trotz aller Turbulenzen, die die Stadt in letzter Zeit stark geprägt haben, immer genossen habe. Hier habe ich auch meinen ersten 100km Lauf bewältigt. Wider Erwarten ist Hong Kong ein wahres Wanderparadies. So habe ich das Trail Running kennengelernt und nehme nun seit einigen Jahren regelmäßig an Ultra Marathons teil.


Was macht für dich den besonderen Charakter des S&P-Programms aus?

Rückblickend sind es die Freundschaften, die man während des S&P aufbaut, die den besonderen Charakter des Programms ausmachen. Vor S&P hatte ich bereits Auslandssemester in den USA, China und Hong Kong verbracht. Aber während keiner meiner Auslandsaufenthalte habe ich solch enge Freundschaften wie mit meinen S&P Kommilitonen aufgebaut. Ich glaube, die gemeinsame Erfahrung des Chinesischlernens auf einem chinesischen Campus, die Ausflüge zu Unternehmen und quer durch China sind einmalige Erlebnisse, die die Programmteilnehmer eng miteinander verbinden und die man so nicht während eines „normalen“ Auslandsaufenthaltes erlebt. S&P ist in diesem Sinne wirklich einmalig, was sicherlich auch der guten Betreuung durch den DAAD vor Ort (in unserem Falle durch Ruth Schimanowski) geschuldet ist!

Wie gut kann man in dieser Zeit Chinesisch lernen und was ist nötig, um die Sprache zu lernen?

Unter den S&P Teilnehmern stellt man häufig fest, dass nur wenige mit ihren Chinesischkenntnissen am Ende des Programms 100% zufrieden sind.  So ging es mir anfangs auch.

Zum Beginn des S&P-Programms hatte ich sehr rudimentäre Chinesisch Kenntnisse und konnte mit Ach und Krach sagen, dass ich einen älteren Bruder habe und gerne ein kaltes Bier bestellen würde. Zum Ende des Programms habe ich den HSK 5 erfolgreich bestanden. Daher bin ich der Auffassung, dass man während des Programms durchaus sehr gut Chinesisch lernen kann. Im Uni-Alltag nimmt man den eigenen Fortschritt nur nicht so sehr wahr. Und natürlich hängen Aufwand und Ertrag beim Erlernen einer Sprache eng zusammen. Und ja, es ist nötig für das Leben in China die Sprache (und die Schriftzeichen) zu lernen.  

Wie hat S&P Dein Leben als Berufseinsteiger geprägt und welche Chancen konntest Du durch das Stipendium nutzen?

Ich bin nach Abschluss des Stipendiums nach Deutschland zurückgekehrt und habe mich bei der KfW DEG, der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, erfolgreich für das Trainee-Programm beworben. Einen Teil meines Traineeprogramms habe ich im DEG Außenbüro in Peking verbracht, so dass ich nur wenige Monate nach Abreise aus Peking bereits nach China zurückkehrte. Nach Abschluss des Trainee-Programms bot sich mir die Möglichkeit für ein deutsches Softwareunternehmen in Hongkong zu arbeiten. Während des Vorstellungsgesprächs mit dem CEO des Unternehmens sah ich im Bücherregal ein Deutsch-Chinesisches Wörterbuch und meine Sprachkenntnisse wurden Hauptthema unseres Gesprächs (und waren sicherlich ein wichtiger Grund, warum mir im Anschluss an das Gespräch eine Position im Unternehmen angeboten wurde). Bei beiden Unternehmen war meine Teilnahme am S&P also ein absoluter Pluspunkt!

Für meinen jetzigen Job bei Five war das S&P nicht mehr maßgeblich, aber hätte ich durch das S&P nicht den Grundstein für eine Karriere in Asien gelegt, so wäre ich sicherlich nicht, wo ich heute bin!

Hast Du eine besondere Anekdote, die Du mit Deinem Stipendium verbindest? Etwas, was Dir besonders in Erinnerung geblieben ist, weil Du es nicht erwartet hast oder es besonders skurril war?

Es ist eher ein Aha-Moment, der mir in Erinnerung geblieben ist. Zum Zeitpunkt der Ankunft in Peking waren mir nur einige wenige Schriftzeichen geläufig, sodass ich im Pekinger Alltag meist nur Hieroglyphen vor Augen hatte. Überall wo ich hinblickte, sah ich Schriftzeichen, aber nichts davon machte Sinn.

Nach einigen Wochen im Sprachkurs haben wir dann die chinesischen Schriftzeichen für Wäschewaschen洗衣 gelernt. Anfangs fragte ich mich, warum man in einem Anfängerkurs ausgerechnet über das Wäschewaschen sprechen muss. Schließlich gibt es viele andere, spannendere Dinge im Leben. Auf dem Rückweg von der Uni zu unserem Hotel blickte ich dann aber in einer kleinen Gasse auf ein Neonschild, das ich zwar bereits vorher gesehen, aber nie entziffert hatte. Auf dem Schild stand groß: 洗衣店. Wäscherei. Und so fing der Alltag in Peking dann plötzlich an Sinn zu machen.  

Wie kam es zu Deinem Berufswechsel und warum hast Du Dich für ein Start-Up entschieden?

Durch das S&P lernt man eine wichtige Lektion im Leben: Nicht jeder Karriereweg muss gradlinig verlaufen und auch ein später Eintritt ins Berufsleben (der in Deutschland ja häufig verpönt ist), muss kein Nachteil sein!

Während der vier Jahre bei der RIB, einem sehr unternehmerisch geführten Unternehmen, keimte in mir der Gedanke auf, gerne einmal den Versuch zu wagen, ein Start-Up aufzubauen. Gemeinsam mit unserem Gründer bin ich nun direkt für den Erfolg oder Misserfolg unserer Unternehmung Five.Co verantwortlich, kann Entscheidungen frei (und zügig) treffen und sammle jeden Tag neue, spannende Erfahrungen. Natürlich wird auch der Aufbau unseres Unternehmens nicht gradlinig verlaufen. Aber wie gesagt, so mancher Schwenker im eigenen Werdegang kann sich ja im Nachhinein als durchaus wertvoll erweisen! An dieser Stelle möchte ich auch gerne das S&P Alumninetzwerk hervorheben. Die S&P Teilnehmer sind über die Jahrgänge hinweg untereinander verknüpft und hier standen mir einige Ex-S&Pler mit Rat und Tat zur Seite. Auch das ist sicherlich ein Mehrwert des Programms!